In Gießen sollen ab 2035 von Menschen keinerlei Treibhausgase mehr verursacht werden. Das hat das Stadtparlament am Donnerstagabend beschlossen. Über die Wahrhaftigkeit des neuen Klimaziels entbrennt ein Streit, der die CDU fast zerreißt. Die Abstimmung über den Bürgerantrag Gießen 2035Null wird zur Farce.
Wer am Donnerstag den Stadtteil der Gießener Allgemeinen gelesen hat, dem werden die beiden ersten Seiten vielleicht zu monothematisch gewesen sein. Es ging um die aktuellen Wirtschaftsdaten und den Stadthaushalt 2020. Die Botschaft der Zahlen: Gießen bleibt auf Wachstumskurs. Passend dazu billigte das Stadtparlament am Abend die Großplanungen zur Ansiedlung eines riesigen Logistikzentrums im früheren US-Depot und zum Wohn- und Gewerbegebiet Philosophenhöhe. Die Frage, wie die Realitäten mit dem Ziel, Gießen binnen 15 Jahre zu einer klimaneutralen Stadt zu machen, unter einen Hut zu bringen sind, führte zu einer emotionalen Debatte über den Bürgerantrag Gießen 2035Null. Höhepunkt war der Auftritt des FDP-Stadtverordneten Martin Preiß, der sich an die zahlreichen Zuschauer wandte: »Ich will Sie nicht belügen, deshalb kann ich dem nicht zustimmen.« Zuvor hatte bereits Heiner Geißler, Fraktionschef der Freien Wähler, gefordert, den Bürgern reinen Wein einzuschenken, was eine Vorverlegung des Klimaziels um 15 Jahre bedeutet.
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