Die Scientists for Future Gießen (S4F Gießen) werden den am kommenden Freitag (19.03.2021) in und um Gießen stattfindenden Globalen Klimastreik unterstützen. Seit die Fridays for Future-Bewegung vor rund 2 Jahren begann mit weltweiten Aktionen auf die Problematik des Klimawandels aufmerksam zu machen, hat sich auch in Gießen eine S4F-Gruppe von engagierten Wissenschaftler*innen organisiert. Es ist unser ureigenes Anliegen, zu zeigen, dass die umfangreichen Veränderungen durch den Klimawandel wissenschaftlich belegt und eine ernst zu nehmende Bedrohung für uns und künftige Generationen sind.
Am kommenden Freitag findet eine von den Fridays for Future Hessen initiierte Fahrrad- Sternfahrt, mit Startpunkten in Wetzlar und Friedberg statt. Start in Gießen ist der Berliner Platz, von dem aus es gemeinsam zu einer Runde über den Autobahnring und anschließend zur finalen Kundgebung am Gießener Messegelände geht. Die Route aus Friedberg wird in Bad Nauheim, Butzbach und Linden weitere Unterstützer*innen mitnehmen.
Hauptfokus des Klimastreiks wird das Thema „Verkehrswende“ sein, denn insgesamt entstehen über 20% der Treibhausgasemissionen in Deutschland im Sektor Verkehr. Von diesem Anteil sind wiederum 75% durch Benzin- und Dieselfahrzeuge im Straßenverkehr verursacht, wobei etwa ein Drittel von LKWs und etwa zwei Drittel von PKWs erzeugt werden. Seit den 1990er Jahren sind die Emissionen im Sektor Verkehr kaum zurückgegangen.
Die Stadt Gießen hat im Jahr 2020 den Beschluss gefasst, bis 2035 klimaneutral sein zu wollen. Bis dahin soll die Bilanz der Treibhausgasemissionen bei NULL liegen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss auch im Bereich Verkehr nachhaltig umgedacht werden. Dabei sollten drei Ziele verfolgt werden:
- Vermeidung: Mit Optionen wie aktuell dem Home Office, einer „Stadt der kurzen Wege“ und der Förderung von regionalen Handels- und Wertschöpfungsketten fällt eine Umstellung leichter und Verkehr wird vermieden.
- Verlagerung: So weit wie irgend möglich sollte der Verkehr auf energie- und klimafreundlichere Verkehrsmittel verlagert werden (z.B. vom Auto und LKW auf die Bahn). Innerstädtisch sollte das Fahrrad das Verkehrsmittel Nr. 1 werden und der motorisierte Individualverkehr so weit wie möglich durch einen leistungsstarken ÖPNV ersetzt werden.
- Umstellung: Der übrige motorisierte Verkehr muss durch Umstellung der Technik klimaneutral werden, hier geht es vorrangig um die Elektrifizierung.
Gerade in mittelgroßen Städten wie Gießen ist eine Reduzierung des städtischen Auto- und LKW-Verkehrs sinnvoll. Dies führt zu einer höheren Lebensqualität und spart erhebliche Treibhausgasemissionen ein. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten die Verkehrswende in unserer Stadt umzusetzen und Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen. Neben dem Aus- und Umbau des ÖPNVs gehören dazu: Verkehrsberuhigung in Stadtvierteln, Förderung des Fußverkehrs, Ausbau von Fahrradstraßen und -wegen, Verbesserung der Abstellmöglichkeiten von Fahrrädern, Reduzierung des Gehwegparkens, Etablierung von Fahrgemeinschaftsspuren, Förderung des Carsharings. Gießen hat angefangen sich dieser Herausforderung zu stellen. Mit der Einrichtung eines Klimabeirates und entsprechender Arbeitsgruppen im Jahr 2020 wurden erste Schritte zur Einbindung der Bürger*innen in ein künftiges Verkehrskonzept ermöglicht. Zusätzlich wurde am 04. März 2021 dem Änderungsantrag zu „Fahrradstraßen auf dem inneren Anlagenring sowie zwei Fahrradstraßen-Achsen durch die Innenstadt“ in der Stadtverordnetenversammlung zugestimmt. Nun ist der Magistrat aufgefordert „innerhalb von 6 Monaten einen mindestens einjährigen, fachlich begleiteten Verkehrsversuch zu realisieren (…).“, der neue Möglichkeiten für den Radverkehr in Gießen bieten wird. Auch mit dem Wahlergebnis der Gemeindewahl am vergangenen Sonntag wurde der Wunsch nach klimafreundlicherer Politik vieler Bürger*innen nochmals deutlich. Damit kann und darf es künftig keine Option mehr sein, veraltete Verkehrsvorhaben wie z.B. den Ausbau der A49 – trotz umfangreicher, wissenschaftlich belegter Gegenargumente – einfach durchzusetzen.
Gießen ist die ersten, kleinen Schritte auf einem langen Weg gegangen. Nun braucht es Kreativität, Mut und Durchhaltevermögen um bis 2035 klimaneutral zu sein. So kann Gießen Vorreiter sein und einen Beitrag zur Erreichung des 1,5°C-Ziels, gemäß dem Pariser Klimaabkommen, leisten.
Über Scientists For Future: Scientists for Future (S4F) ist ein überparteilicher und überinstitutioneller Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. Scientists for Future bringt als Graswurzelbewegung den aktuellen Stand der Wissenschaft in wissenschaftlich fundierter und verständlicher Form aktiv in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein. Mehr Informationen unter: https://de.scientists4future.org/
Kontakt: giessen@scientists4future.org
Weitere Informationen auch unter:
https://fffgiessen.de/ und https://www.instagram.com/fffgiessen/?hl=de
https://fridaysforfuture.de/
Referenzen:
Hentschel, KM „Handbuch Klimaschutz“ 2020, oekom-Verlag
https://giessen-direkt.de/giessen/de/ideaPtf/53747/single/3
https://votemanager-gi.ekom21cdn.de/2021-03-14/06531005/html5/Gemeindewahl_Trendwahl_Hessen_323_Gemeinde_Universitaetsstadt_Giessen.html
https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energiebedingte-emissionen#energiebedingtetreibhausgas-emissionen