Am 12.12. jährt sich das Abkommen von Paris bereits zum fünften Mal. Doch nach wie vor sind weder klimagerechte Politik, noch die Umsetzung der erforderlichen und weitestgehend längst vorhandenen Lösungen für die Einhaltung des 1,5 Grad Limits in Sicht.
Am 10.+11. Dezember treffen sich die Staats- und Regierungschef*innen der Länder der Europäischen Union, um über die Verschärfung der EU-Klimaziele zu entscheiden und so dem beschlossenen Paris-Abkommen gerecht zu werden.
Ein Modell des Eiffelturms – als Symbol für die Einhaltung des Paris-Abkommens – bringen gerade zahlreiche Menschen aufgrund einer Initiative von FFF Leipzig mit dem Fahrrad in Tages- oder Halbtagesetappen nach Brüssel. Ziel ist es, pünktlich zum EU-Summit am 10.12.2020 in Brüssel zu sein. Auf ihrer Etappe durch Mittelhessen machte die Tour am vergangengen Donnerstag, 03.12.20, auch halt in Gießen und die Radler wurden von rund 100 Menschen auf dem Berliner Platz in Empfang genommen. Es folgen nun einige der Redebeiträge die vor Ort gehalten wurden:
- Eröffnungsrede von Lutz Hiestermann, Initiator 2035Null
- Rede von Jochen Mietusch, Scientists for Future Gießen
- Rede von Laura, Health for Future Gießen
Einen Bericht über die Kundgebung findet sich auch hier, bei der Gießener Allgemeinen.
“Wir müssen mehr machen” | Gießener Allgemeine
Eröffnungsrede von Lutz Hiestermann, Initiator des Bürgerantrags 2035Null
Eigentlich war es doch eine ganz normale Woche mit ganz normalen Nachrichten, an die wir uns für den Rest unserer Tage werden gewöhnen müssen.
- In Brasilien hat die Abholzung des Regenwaldes sich weiter beschleunigt.
- In Australien hat die Buschbrandsaison nach einer Rekordhitze in diesem Jahr bereits sehr früh begonnen.
- Global hat die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre neue Rekordwerte erreicht.
- Und, wenn der Bericht aus dem Spiegel korrekt ist, erlebt die Kohle gerade ein Comeback nach Corona, und ihre Nutzung soll in den kommenden Jahren weltweit um 2 % jährlich steigen, statt um 6 % zurückzugehen.
Und am schlimmsten, weil am nächsten, ist das, was wir jeden Tag aus dem Dannenröder Wald hören müssen. Wenn ich das recht verstanden habe, kommen die Leipziger Radler gerade von dort. Ich war vor zweieinhalb Wochen vor Ort und muss sagen, dass es meine schlimmsten Befürchtungen übertroffen hat.
- Hier wird eine völlig verfehlte Verkehrspolitik der 80er Jahre durchgeprügelt.
- Es wird ein gesunder Wald vernichtet,
- ein Trinkwasserreservoir gefährdet
- und bei vielen, die vor Ort wohnen, aber auch bei Nicht-Vogelsbergern, die sich das angeschaut haben und seit Wochen und Monaten live erleben, auch der Glauben an die Demokratie beschädigt.
Diese Trassenführung wäre heute nach EU-Recht nicht mehr genehmigungsfähig. Es gibt Alternativen, die kostengünstiger und sozialverträglicher wären, aber es ist klar, dass hier ein Exempel statuiert werden soll, koste es was es wolle.
Und offensichtlich ist der Führung der Landesgrünen nicht klar (oder es ist ihr egal), dass diese Szenen auf immer und ewig mit grüner Verkehrspolitik assoziiert werden und ihre Glaubwürdigkeit langfristig in Trümmern liegt.
In Sachsen-Anhalt drohen die Grünen wegen lächerlicher 86 Cent Erhöhung der GEZ-Gebühren mit dem Koalitionsbruch. In Hessen tragen die Grünen im heißesten Jahr seit der Temperaturerfassung den Bau einer völlig unnötigen Autobahn – diesen Schlag mit dem Vorschlaghammer in das Gesicht eines jeden Umwelt- und Klimaschützers – einfach mit.
- Wozu brauchen wir die Grünen, wenn sie nicht einmal bei einem solchen Fiasko die Koalitionsfrage stellen?
- Wie weit haben sich die Grünen von den eigenen Wurzeln entfernt?
- Was müsste noch passieren, welches Szenario müssten wir uns ausdenken, damit Herr Al-Wazir sagen würde – bis hier hin und nicht weiter?
Ich kann jeden von Euch nur dazu aufrufen, dahin zu gehen, um das alles vor Ort in Augenschein zu nehmen. Und nehmt bitte, wenn es irgend geht, ein paar dicke Decken und alte Schlafsäcke mit, um die jungen Leute zu versorgen – es gehört nämlich auch zur Strategie der Polizei, diese den Aktivisti wegzunehmen und sie zu zerstören.
Ganz offen gesprochen – ich kann und will das nicht verstehen und wie mir geht es sehr vielen Menschen in meinem Umfeld.
Und wir verstehen – und jetzt kommt mit einigen wenigen Beispielen der Bezug zu Gießen – auch nicht,
- dass 14 Monate nach dem Beschluss zur verpflichtenden Klimaneutralität immer noch keinerlei Öffentlichkeitsarbeit stattgefunden hat, um diese Verpflichtung der Bevölkerung Gießens bekannt zu machen.
- dass der Beschluss zur Klimaneutralität bis 2035 schon über 14 Monate her ist, ohne dass wirklich grundlegende Veränderungen begonnen hätten,
- wie man es für eine gute und zukunftsfähige Idee halten kann, in der Rathenaustraße im Zentrum des neuen Uni-Campus im Jahr 2020 eine riesige Einflugschneise für den Pkw-Verkehr zu bauen,
- dass sich in der 2035Null-Stadt Gießen bis heute auf der Homepage der Stadtwerke Gießen kein Hinweis auf die Klimaneutralitätsverpflichtung findet
- dass die SWG aus „Marketinggründen“ ihren Strom als Grünstrom verkaufen, obwohl er zu 20% aus Erdgas produziert wird,
Und am allerwenigsten verstehen wir, wie der Magistrat und an seiner Spitze die Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz unseren Bürgerantrag und den Beschluss verdreht: So wird aus der Formulierung „Die Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 wird zum offiziellen Ziel der Stadt Gießen erklärt. Dieses Ziel wird mittels einer Satzung oder eines anderen rechtlichen Instruments kurzfristig verbindlich festgelegt.“ in seinem ersten Klimabericht eine Formulierung macht, die da lautet (und ich zitiere wörtlich): „Entscheidende Weichenstellungen werden außerhalb Gießens getroffen und haben damit maßgeblichen Einfluss darauf, ob das Ziel erreicht werden kann. Diese Weichenstellungen helfen uns oder verhindern, das Ziel zu erreichen.“
Wir lassen dem Magistrat diese Verdrehung nicht durchgehen, und zwar deshalb nicht, weil dadurch versucht wird, die Intention des Bürgerantrags zu konterkarieren, und weil er einfach falsch ist. Er unterstellt nämlich, dass wir eine Wahl hätten. Dass es quasi gleichrangig ist, ob wir dieser Verpflichtung nachkommen oder nicht.
Die Klimaschutzdezernentin Frau Weigel-Greilich hat nach der – vorsichtig formuliert – verunglückten Veranstaltung zur Präsentation eines – wiederum vorsichtig formuliert – verunglückten
1. Klimaberichts auf die starke öffentliche Kritik reagiert, indem sie gesagt hat, man müsse doch realistisch und seriös bleiben. Und – offensichtlich ist der Einfluss von Frau WG doch größer als ich mir habe vorstellen können – vor einigen Tagen hat die Bundeskanzlerin genau diese Formulierung aufgegriffen. Respekt, Frau Weigel-Greilich! Aber es verwundert natürlich nicht oder besser nicht mehr, dass eine CDU-Bundeskanzlerin und eine Grüne Dezernentin offensichtlich gleich denken und ticken und wirtschaftliche Aspekte immer noch stärker gewichten als die Zukunft der Menschheit.
Und es verwundert auch nicht – und das muss ich an dieser Stelle einmal loswerden -, dass ein Mitglied der Gießener CDU-Fraktion, die auch für den Beschluss 2035Null gestimmt hat, in der vergangenen Woche die Aktion von Unterstützer*innen des Danni-Widerstands mit einem Megafon als Öko-Terroristen beschrien hat und bei der Auflösung der Protestaktion durch die Polizei triumphierende Ole, ole, ole, ole, we are the champions-Rufe angestimmt hat. Und das als stellvertretender Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Soziales und Integration.
Nun, liebe Leute – jeder muss auf seinem Niveau tätig werden, das wird dieser junge Protagonist von gestern auch noch lernen. Aber wir sind sehr gespannt, mit welchen konkreten Maßnahmen die CDU ihren Beschluss zur Klimaneutralität erreichen will. Wir werden ihr Programm diesbezüglich sehr genau studieren. Aber wenn Herr Neidel die Beschleunigung des Pkw-Verkehrs durch eine grüne Welle damit lobpreist, „auch das sei Verkehrswende“, dann ist die Hoffnung nicht sehr groß, dass die Vorschläge der CDU in die richtige Richtung weisen werden. Nein, Herr Neidel, die Effizienzsteigerung des Pkw-Verkehrs ist keine Verkehrswende, so gerne Sie den Begriff auch für sich im Wahlkampf nutzen wollen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal zurückkommen auf die Aussage von Frau WG und der Bundeskanzlerin. Es wird sie nämlich verwundern, aber ich stimme dieser Formulierung vollumfänglich zu.
Nur glaube ich, dass wir ein diametral unterschiedliches Verständnis dessen haben, was seriös und realistisch bedeutet. Wer mit offenen Augen und Ohren die Nachrichten aus aller Welt verfolgt, der oder die kommt nicht umhin zu erkennen, dass die Erde an allen Ecken und Enden brennt, weil wir seit Jahrzehnten überall Lunten gelegt haben. Dies ist insbesondere in Bezug auf den Klimawandel keine neue Erkenntnis, sondern Exxon weiß das seit 40 Jahren, ich weiß das seit 40 Jahren und alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, die alt genug sind, wissen das auch seit mindestens 40 Jahren. Wir haben Jahrzehnte weitestgehend ungenutzt verstreichen lassen, statt diesen für die Zukunft der Menschheit ultimativen Kampf endlich aufzunehmen.
Denn ich frage Euch und Sie, was ist realistisch betrachtet die einzig seriöse Reaktion auf einen Brand? Man beendet so schnell wie möglich die Zufuhr von brennbarem Material und löscht das Feuer, um zu retten, was zu retten ist.
Wir allen wissen, wie sehr wir täglich unser Budget reduzieren, das uns lt. der Wissenschaft global noch bleibt, um auch nur das 1,5°-Ziel von Paris zu erreichen, was an sich schon ein eigentlich wahnsinniges Experiment mit unserem Klima und unserer Erde darstellt. Daher kann aus unserer Sicht seriöse und realistische Politik nämlich nur eins bedeutet – und zwar alles und jedes auf den Prüfstand zu stellen, was zu Lasten dieses Budgets geht. Und alles und jedes bedeutet das eigene Verhalten, aber auch die wirtschaftlichen und politischen Strukturen in dieser Stadt, in diesem Land, global. Wir alle wissen: Ein „Weiter so“ kann und wird es nicht geben!
Das Weltklima wird nicht in Gießen gerettet, das ist wahr. Aber seriös und realistisch zu handeln, kann aus meiner Sicht auch in Gießen nur bedeuten zu erkennen, dass wir viele Dinge grundsätzlich neu denken und organisieren müssen, die Energieversorgung, den Verkehr, den Konsum, die Stadtplanung – und zwar nicht aus Jux und Dollerei, sondern aus purer rationaler Notwendigkeit.
Die Coronakrise führt uns gerade vor Augen, wie schnell sich vermeintliche Gewissheiten plötzlich nicht mehr halten lassen. Und es bedarf keiner größeren prophetischen Gaben zu erkennen, dass die Klimakrise noch zu viel massiveren ökologischen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen führen wird. Es wird nämlich keine Impfung und keine Medizin gegen ein aus den Fugen geratenes Klima geben.
Und da wir nicht das Gefühl haben, das unsere Definition von Realismus und Seriosität von diesem Magistrat ernsthaft geteilt wird, werden wir – so nicht noch irgendetwas Ungeplantes dazwischen kommt – bei der kommenden Kommunalwahl mit einer eigenen Liste antreten, um unsere Kraft und unsere Ideen dafür einzusetzen, den Kampf gegen den Klimawandel auf allen Ebenen in Gießen zu führen.
Und wer von Euch uns dabei unterstützen möchte, ist dazu herzlich eingeladen, dies zu tun.
Herzlichen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
Rede von Jochen Mietusch, Scientists4Future Gießen
Liebe Mitmenschen, liebe Verantwortliche,
ich bin Jochen Mietusch, 40 Jahre lang Lehrer für Physik und Biologie, also praktisch schon immer Scientist 4 Future und heute glühender Verehrer und Unterstützer der Fridays for Future Bewegung. Was ich Euch jetzt sage, betrifft nur eine kleine Auswahl von sehr unbequemen Fakten – und diese Fakten habe ich von der Tendenz her schon seit den 1980er Jahren v.a. meinen Schülerinnen und Schülern vorhergesagt, auch anhand des Videos „Crash 2030“ aus den 90ern – ähnlich wie das kürzlich von der ARD ausgestrahlte Video „Ökozid“.
Unsere wichtigsten CO2-Senken, nämlich die Wälder und Moore brennen überall so stark, so früh im Jahr und so lange wie nie zuvor, der Sommer 2019 war in Deutschland an manchen Tagen und Orten der heißeste seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen, der globale CO2-Gehalt unserer Atmosphäre ist von 280 auf über 416 ppm angestiegen (wesentlich durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas), der CO2-Gehalt ist also seit 170 Jahren um etwa 50 %, also so schnell angestiegen, wie niemals zuvor, Deutschland verpasst in regelmäßiger Folge seine versprochenen Klimaschutzziele, die Gletscher an den Erdpolen und im Gebirge schmelzen, die Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperatur auf unserem Heimatplaneten beträgt jetzt schon etwa 1 Grad, in Deutschland 1,5 Grad, trotzdem gibt es weltweit immer mehr Verbrennungsmaschinen, fossile, atomare Kraftwerke und Beton, die – auch bei ihrer Produktion – den CO2-Gehalt der Atmosphäre immer weiter erhöhen, eine Plastikflut hat die Weltmeere und unsere Böden überschwemmt, die Vergiftung unserer Biosphäre nimmt weiter dramatisch zu, es sterben pro Tag mehr als 100 Arten aus – das sind vier Arten pro Stunde, es gibt überall auf unserer Erde extreme Trockenheit, Unwetter wie Orkane, Tornados, Hurricanes, sintflutartige Regenfälle, Überschwemmungen, Felslawinen, Ernteausfälle, Hitzetote und Hungersnöte.
Die Klimaerwärmung ist ein sich selbst verstärkender Prozess, z. B. durch die Freisetzung von Methan – vom Meeresboden und Methan und Lachgas (Distickstoffoxid) aus den auftauenden Permafrostböden der Polargebiete und Hochgebirge, Methan und Lachgas auch aus der Nahrungsmittelproduktion. Methan hat eine 25-fache und Lachgas eine 300-fache Treibhauswirkung gegenüber CO2. Es gibt immer mehr Klimaflüchtlinge und immer mehr potenziell umwelt-beanspruchende Menschen – heute fast 8 Milliarden und es werden pro Tag rund 230000 mehr – im Jahr meiner Geburt waren es „nur“ 2,5 Milliarden.
Aufgrund dieser Entwicklung wird es bald immer mehr Klimaflüchtlinge und Kriege geben, Kriege um Ressourcen wie Wasser, Nahrung und ein menschenwürdiges Leben – wenn diese Kriege nicht schon längst eingesetzt haben und auch schon mitten unter uns toben.
Aber jetzt komme ich zu den Mut machende Fakten, nämlich zu den mutmachenden Antworten auf die Frage: Was können wir heute noch tun, um diese Entwicklung aufzuhalten hin zur Auslöschung der Artenvielfalt und damit unserer Lebensgrundlagen?
Die Antwort lautet, vor allem für uns Menschen der Industrienationen mit dem größten und tiefsten Klima – Fußabdruck:
Friedlichen Protest durch weitestgehenden Konsumverzicht, durch klimaneutralen Konsum, durch Abkehr von der Wegwerfmentalität und durch eine weitestgehende Unterstützung der technischen Revolution, hin zur regenerativen und deshalb nachhaltigen Nutzung der Sonnenenergie – und das alles ohne Egoismus. Wenn sich etwas ändern soll, müssen sich aber auch die politischen Rahmenbedingungen ändern. Dies liegt in unserer freiheitlichen Demokratie in unser aller Hände – befreit von Egoismus und beseelt vom unbedingten Willen, unsere Lebensgrundlagen und die unserer Kinder zu erhalten.
Was das für die Verkehrswende bedeutet, liegt auf der Hand:
Wir alle müssen weitestgehend weg vom Individualverkehr, hin zu mehr Fuß-, Fahrrad- und öffentlichem Verkehr. Viele von Euch machen das bereits heute, indem Ihr Euer Fahrrad mitnehmt und Bahn fahrt. Das ist nicht nur gesund, sondern bewahrt uns alle vor der schlechten Luft in den Innenstädten, die heute v.a. bei Kleinkindern und alten Menschen vermehrt zu Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt – auch ohne Corona-Pandemie. Luftanhalten ist keine Option. Deshalb fordern wir Scientists mehr Forschungsgelder für alternative Verkehrskonzepte statt für die fossile und atomare Industrie, keine Kürzung der Gelder für die angewandte Energieforschung, einen Rückbau der Straßen zugunsten von sicheren Fahrradwegen und Fahrradabstellplätzen und einen Ausbau eines besseren ÖPNV-Angebots. Damit das dann auch von möglichst vielen genutzt wird, muss dieses Angebot gleichzeitig finanziell und räumlich – also z. B. vom Platzangebot her – noch wesentlich attraktiver werden.
Kurz: Autofahren muss unbequemer und noch teurer werden – Bahnfahren muss kostenlos werden.
Wenn ich mir dagegen die Realität ansehe wird mir übel. Der unzeitgemäße Bau der A49 durch den Dannenröder Forst und den Herrenwald und sein Durchsetzen mit Polizeigewalt ist nur ein furchtbares Beispiel dafür.
Liebe Mitmenschen, möge uns diese friedliche Revolution mit vereinten Kräften gelingen – es gibt keinen Planeten B und Geld kann man nicht essen.
DANKE SCHÖN
Rede von Laura, Health4Future Gießen
Hallo Gießen! Schön, dass ihr hier seid! Schade, dass wir hier sein müssen.
Mein Name ist Laura und – ich will euch nicht zu nahe treten – aber ich interessiere mich für euch – ganz persönlich – ganz intim. Ich interessiere mich nämlich für eure Gesundheit. Und ich würde behaupten, sie ist das Privateste, aber auch das Wichtigste, das wir haben. Ich bin Medizinstudentin und ich möchte einmal Ärztin werden. Eigentlich ist man in diesem Beruf ganz glücklich, wenn man nicht viel zu tun hat.
Das ist in anderen Branchen bestimmt anders. Aber ich bin ganz froh, wenn die Notaufnahmen leer bleiben. Denn das bedeutet, ihr seid zu Hause oder anderswo, und euch geht es gut. Doch genau dieser Zustand freudigen Kaffeetrinkens während der Arbeit ist ganz schwer bedroht. Spaß beiseite, ich meine das ganz ernst: Die Klimakrise ist laut der Weltgesundheitsorganisation die größte Bedrohung der menschlichen Gesundheit im 21. Jahrhundert.
Ich sage, wir müssen aufhören mit dem ganzen Umweltschutz.
Ganz im Ernst: Es geht hier gar nicht um Umweltschutz, es geht hier vielmehr um Gesundheitsschutz!
Wir müssen das Narrativ verändern: Es geht nicht um die Natur; die Natur braucht uns nicht – wir aber brauchen sie schon! Es geht um uns, um unser aller Gesundheit und Wohlbefinden.
Wenn die Klimakrise grassiert, und Menschen extremer Hitze ausgesetzt sind, dann bedroht das unsere Gesundheit! Wenn das Klima immer heißer wird, und sich hier plötzlich Mücken wohlfühlen und verbreiten, die Krankheiten wie Dengue und Zika übertragen, die wir hier bis dato gar nicht gekannt haben, dann bedroht das unsere Gesundheit! Wenn Abgase die Luft verpesten, dann sind es unsere Lungen, die erkranken.
Wenn die Klimakrise dafür sorgt, dass es weniger regnet, dann sind es unsere Trinkwasservorkommen, die gefährdet sind und auf die wir aber so essenziell angewiesen sind.
Für uns von Health For Future ist klar: Die Lebensbedingungen auf unserem Planeten und auch hier in Europa entwickeln sich zu einem medizinischen Notfall!
Und die Prognose sind düster, auch hier in Europa, mit unseren dichten Betonstädten, die Hitzewellen noch gefährlicher machen und für den Tod von Zehntausenden Menschen verantwortlich sind – jedes Jahr, schon heute.
Auch die Folgen der Klimakatastrophe auf die psychische Gesundheit sind dramatisch. Wenn Menschen ihre Existenz bedroht sehen oder vor den Folgen der Klimakrise flüchten, beispielsweise.
Aber was macht man typischerweise bei einem medizinischen Notfall?
Wenn ein Mensch mit offenem Beinbruch in die Notaufnahme kommt, droht zu verbluten, würde man dann einfach ein Pflaster drauf kleben und sagen, „warten Sie ein paar Wochen, wird sich schon von alleine regeln“?? – Ganz und garnicht!
Wir müssen handeln, wie man es bei einem medizinischen Notfall auch täte:
Schnell und sofort und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln!
Denn das können wir! Wir haben die Therapieempfehlungen, wir können die Symptome begrenzen und eine Verschlechterung der Lage vorbeugen.
Wenn wir uns dafür entscheiden. Wenn die Politik sich dafür entscheidet.
Klimaschutz bedeutet immer auch Gesundheitsschutz. Schaut mal, das ist eine Win-Win-Situation:
Weniger Autos auf den Straßen bedeuten saubere Luft, saubere Luft bedeutet weniger Asthma und Allergien, weniger Lungenleiden und Herz-Kreislauferkrankungen, weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle, die weltweit führenden Todesursachen. Das legen neuste Studien nahe.
Weniger Autos bedeuten weniger Verkehrsunfälle – die weltweit häufigste Todesursache für Kinder und junge Menschen im Alter zwischen 5 und 29 Jahren.
Wir von Health For Future verurteilen scharf, was die grün-schwarze Landesregierung in Dannenrod zu verantworten hat! Das steht in jeder Hinsicht in krassem Kontrast zu einer ernstgemeinten Klimapolitik und wirft uns meilenweit zurück!
Weniger Autofahren heißt ja aber auch gleichzeitig, dass wir uns mehr mit dem Rad oder zu Fuß bewegen müssen. Wir gehen also gleichzeitig gegen Übergewicht, Bewegungsmangel und auch die damit verbundenen psychischen und physischen Risiken vor.
Auch bei der Ernährung gehen Klimaschutz und Gesundheitsvorsorge Hand in Hand:
weniger Fleisch, mehr pflanzliche Produkte, das ist gut für unseren Körper und fürs Klima!
Ja, die Klimakrise ist die größte Gefahr des 21. Jahrhunderts,
Aber wir sagen, sie ist gleichzeitig auch unsere größte Chance.
Die größte Chance, die Lebensbedingungen für alle Menschen auf dieser Erde zu verbessern.
Unsere Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Lasst uns mehr Gemüse essen, mehr Rad fahren und entschleunigter und behutsamer mit unserem Lebensraum umgehen! Aber wir dürfen dabei nicht vergessen, dass kein tiefgehender Wandel ohne strukturelle Transformation möglich ist. Wir brauchen eine Verkehrs-, Energie- und Agrarwende! Wir brauchen eine Politik, lokal, kommunal, auf landes- und auf Bundesebene, die an der Einhaltung der Pariser Klimaziele arbeitet! Ein ökologisches Leben ist super und macht großen Spaß, und gibt uns viel zurück. Gleichzeitig muss die große Transformation her! Die Politik ist in der Verantwortung.
Danke Euch fürs Zuhören!