„Zufriedene 2035Null-Aktivist*innen / Peinliche Verweigerung der „bürgerlichen“ Parteien“: unsere Pressemitteilung zu den Klimaaktionstagen

Zeichnung: Susanne Köhler

Sehr zufrieden mit den Erfahrungen und vielen neuen Kontakten zeigen sich verschiedene Gruppierungen, die am vergangenen Wochenende über drei Tage die Klimaaktionstage organisiert hatten. Rund 20 Organisationen hatten sich von Freitag bis Sonntag aktiv eingebracht.

Nachdem die Pandemie in den vergangenen Monaten viele anderen Themen überlagert hatte, ist es trotz der coronabedingt schwierigeren Rahmenbedingungen erfolgreich gelungen, das so wichtige Thema Klimawandel wieder stärker ins Bewusstsein der Gießenerinnen und Gießener zu bringen. „Insbesondere die Vielfalt der Aktionsformen an den drei Tagen hat einen großen Effekt erzielt“, ist sich Lutz Hiestermann von Lebenswertes Gießen e. V. sicher. „Die verschiedenen Organisationen haben mit ihrem großen Engagement der Gießener Klimaneutralitätsverpflichtung sicher erheblich mehr Aufmerksamkeit verschafft als die Stadt in den vergangenen 9 Monaten seit dem Beschluss,“ hebt Johannes Rippl von der Lokalen Agenda Gruppe Energie hervor. Allein die vielen hundert Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, die zum Teil nicht einmal wussten, dass sich die Stadt Gießen zu diesem Ziel verpflichtet hat, haben aufgezeigt, wie groß die Defizite der Stadtregierung nicht nur in der Kommunikation dieses Themas sind.

Großen Zuspruch hat eine Protestpostkarte des Bündnisses 2035Null gefunden, die an den Magistrat gerichtet ist. Weit über 100 Bürgerinnen und Bürger nutzten diese Möglichkeit, den Magistrat aufzufordern, den Bericht, wie Gießen die Klimaneutralität erreichen will, nicht bis September auf die lange Bank zu schieben, sondern umgehend vorzulegen und echte Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Die Postkarten sollen in Kürze persönlich der OB übergeben werden.

Erfreulich waren aus Sicht der Organisationen die Rückmeldungen und inhaltliche Unterstützung, die die Vertreter von SPD, Grünen und Linken im Polittalk signalisiert haben. Die Erreichung der Klimaneutralität bis 2035 sei eine Verpflichtung, hinter der sie voll und ganz stünden. Wichtige Maßnahmen wie eine autofreie Innenstadt, der Rückbau des Anlagenrings auf zwei Spuren bei gleichzeitiger Einrichtung von Fahrradspuren sowie der Ausbau der Photovoltaik auf städtischen Gebäuden stoßen endlich auf immer stärkere positive Resonanz.

Mit völligem Unverständnis haben die Klimagruppen hingegen die Totalverweigerung von CDU, FDP und Freien Wählern zur Kenntnis genommen. „Wer in einer Stadt, die sich zur Klimaneutralität bis 2035 verpflichtet hat, so vollständig den Diskurs mit den Klimagruppen verweigert, zeigt nicht nur ein merkwürdiges Demokratieverständnis, sondern klinkt sich auch aus dem für diese Stadt zentralen Thema aus,“ ärgert sich Gerhard Keller von Extinction Rebellion. Letztlich werten die Aktivisten die Verweigerung als Beleg dafür, wie dünn diese Parteien programmatisch bei diesem Thema aufgestellt sind. „Sie haben sich offensichtlich nicht zugetraut, öffentlich aufzutreten. Aber auch Bürgermeister Neidel wird lernen müssen, dass es nicht reicht, ein oder zwei Fahrradsträßchen zu planen, um im Vorfeld der Kommunal- und OB-Wahlen im kommenden Jahr als Partner für die Umsetzung der Klimaneutralität ernstgenommen zu werden.“, so Gerhard Keller weiter.

Das Klimabündnis 2035Null nimmt die sehr positive Resonanz aus der Bevölkerung mit in die inhaltliche Arbeit der kommenden Monate. Dabei wird ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, die bei vielen Gießenerinnen und Gießenern vorhandene Veränderungsbereitschaft in konkrete Konzepte umzusetzen, um die Arbeit in Richtung Klimaneutralität zu beschleunigen und voranzubringen. Von den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung erwartet das Bündnis nun schnelle Schritte, die ihren Lippenbekenntnissen konkrete Taten folgen lassen. Und das noch vor den Wahlen im kommenden Jahr.

 

Videos des Polittalks vom Samstag:

Polittalk mit Alexander Wright (Grüne)
Polittalk mit Christopher Nübel (SPD)
Polittalk mit Stefan Häbich (Linke)
Diskussionsrunde 2035Null, Grüne, SPD, Linke